Politik

Umgestaltung des Nahen Ostens: Ein „moralischer“ Krieg oder eine Neuverteilung der Rollen?

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Berlin 24.06.2025 HA

Der Nahe Osten erlebt eine kritische Phase, die großen geografischen und bündnispolitischen Veränderungen vorausgeht. Auch wenn die Ereignisse militärisch zu toben scheinen, herrscht dahinter eine diplomatische Ruhe, hinter der sich eine subtile Neuverteilung der Rollen zwischen regionalen und internationalen Mächten verbirgt.

Für den Iran, der lange als entschiedener Gegner Washingtons und Tel Avivs galt, gelten nun andere Regeln. Israel erlaubte dem Flugzeug des iranischen Außenministers kürzlich, seinen Luftraum zu durchqueren, während die Vereinigten Staaten Teheran im Voraus über ihre Angriffe auf Atomanlagen informierten – ein seltener Vorfall in der Geschichte der Kriegsführung.

*Rettungsstreiks und Revolutionsgarden unter Kontrolle*

Die jüngsten Angriffe richteten sich gegen die iranische Revolutionsgarde, die am tiefsten in den Institutionen des Landes verwurzelte Institution. Diese Angriffe scheinen dem Iran eine unmittelbar bevorstehende interne Explosion zwischen den Revolutionsgarden und den übrigen Institutionen des Regimes erspart zu haben, insbesondere wenn Teheran seine Hinwendung zum Westen angekündigt hätte.

Dieser systematische Personalabbau könnte die Garde in eine Organisation verwandeln, die der Hisbollah im Libanon ähnelt: disziplinierter, weniger impulsiv und stärker an internationales Kalkül gebunden. 

*Der Westen justiert den Kompass neu*

Der Westen, insbesondere Washington, hat in den Iran investiert, um die sunnitische Elite rund um Israel zu schwächen. Nachdem der Iran diese Rolle erfüllt hatte, begann er mit der Verringerung seines strategischen Einflusses. Im Gegensatz dazu scheint Teheran bereit zu sein, einen „moralischen Sieg“ zu verkünden, der sein Image im Inland verändern würde – und sei es nur durch begrenzte Raketenstarts und das Überleben von Regimefiguren – als Auftakt zu einer neuen Allianz, die das Land ins amerikanische Lager bringen würde. 

*Israelische Gewinne und ausgewählte Erinnerungen*

Tel Aviv konnte deutliche Gewinne verzeichnen. Sein Premierminister nutzte die iranischen Angriffe, obwohl es sich bei deren Opfern um Muslime handelte, um jüdische Gemeinden weltweit zu mobilisieren. Diese anhaltende Aufwiegelung ist der israelischen Strategie zufolge zur Vorbereitung auf künftige, möglicherweise umfassendere Konfrontationen notwendig. 

*Araber…Warten und religiöse Verwirrung*

Angesichts dieser Veränderungen stehen die Araber wie üblich als Zuschauer daneben. In einigen sunnitischen Hauptstädten wartet man auf die Entscheidungen der großen Parteien, während von einigen Geistlichen erwartet wird, dass sie jedes künftige Bündnis legitimieren, selbst wenn es sie mit jenen zusammenbringt, die Symbole des Islam angreifen. Die selektive Verwendung religiöser Texte ist nichts Neues, nimmt heute jedoch gefährliche Ausmaße an. 

*Fazit*: Eine neue Karte ist unterwegs

Es handelt sich nicht einfach um eine militärische Konfrontation zwischen Teheran und Tel Aviv oder Washington, sondern vielmehr um einen komplexen Prozess der Neugestaltung der politischen und sicherheitspolitischen Landkarte des Nahen Ostens. In dieser Gleichung scheinen die Araber keine Partner bei der Festlegung des Kurses zu sein, sondern lediglich Empfänger der Ergebnisse.

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