Politik
Stadtwerke in Sorge um bezahlbares Heizen – Politik muss handeln!
Damit Deutschland bis 2045 klimaneutral mit Fernwärme, Wärmepumpen oder grünen Gasen statt mit Öl und Erdgas heizen kann, muss die Energiewirtschaft Milliarden investieren. Diese Investitionen werden auch in den Preisen ankommen.
Aktuell geht mehr als die Hälfte der befragten Stadtwerke (51 Prozent) davon aus, dass eine bezahlbare Wärmeversorgung für Wirtschaft und Bürger langfristig unter den geltenden Bedingungen nicht gesichert ist. Das geht aus einer Branchen-Umfrage des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) unter 609 Stadtwerken und kommunalen Energieversorgern hervor. Ingbert Liebing, VKU-Hauptgeschäftsführer, fordert die Politik zum Handeln auf. Schon in der Haushaltsbereinigungssitzung Mitte November könne der Bundestag gegensteuern.
51 Prozent sehen bezahlbares Heizen gefährdet – Politik muss handeln
Konkret beantworten 51 Prozent der Stadtwerke die Frage, ob eine bezahlbare Wärmeversorgung in Deutschland langfristig gesichert ist, mit einem klaren Nein. Nur 31 Prozent antworten mit Ja. 18 Prozent geben an, dass sie es nicht wissen. „Die Wärmepläne, mit denen Kommunen den Weg zum klimaneutralen Heizen skizzieren, nehmen Form an. Wenn nun die Mehrheit der Stadtwerke zweifelt, dass Heizen für Bürger und Wirtschaft langfristig bezahlbar ist, ist das eine Warnung an Berlin. Politik muss handeln, damit Wärme nicht nur klimaneutral wird, sondern sicher und bezahlbar für alle bleibt, also für Wirtschaft und Bürger“, appelliert Liebing.
Bundestag kann Basis mit Fernwärme-Förderung und Energiewendefonds legen
Gefragt nach Lösungen, stimmen die Stadtwerke am häufigsten für mehr Fördermittel (72 Prozent). Ein Beispiel ist die Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) für den Ausbau der Fernwärme. Auch alternative Finanzierungsformen wie der Energiewendefonds und weitere, zunächst haushaltsneutrale Bürgschaftsprogramme können nach Ansicht der kommunalen Praktiker eine Lösung sein. Mit dem Fonds soll privates Kapital mobilisiert werden, um Investitionen zu hebeln. Bei diesem Modell fließt kein Steuergeld, der Bund reduziert mit Bürgschaften und Garantien lediglich Risiken. Doch für den Fonds fehlen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bislang die Grundlagen. Der Fonds sollte durch weitere Eigen- und Fremdkapitalfinanzierungsinstrumente der KfW flankiert werden, zum Beispiel Programme zur Haftungsfreistellung der durchleitenden Banken oder Bereitstellung von mezzaninem Kapital
in Kooperation mit Förderbanken. Vorbild könnte die Absicherung von Fündigkeitsrisiken bei Geothermie sein. All das müsste konkret im Einzelplan 32 Kapitel “Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen” verankert werden.
VKU appelliert an Bundestag
„Wir fordern den Bundestag auf, mit dem Haushalt 2026 erste Weichen zu stellen, damit Heizen auch künftig für alle bezahlbar bleibt. Wenn jetzt nicht die Grundlagen gelegt werden, sehen wir vermutlich in dieser Legislaturperiode keinen einzigen neuen zusätzlichen Projektstart mehr. Wir dürfen für die Wärmewende jedoch keine Zeit verlieren. Erstens sollten die Abgeordneten die BEW-Fördermittel auf mindestens 3,5 Milliarden Euro pro Jahr anheben. Jeder Fördereuro hilft, Meter zu machen und die Kosten für alle zu senken. Zweitens sollten sie die Grundlagen für den Energiewendefonds sowie der weiteren Finanzierungsinstrumente der KfW legen“.
Langfristig sind strukturelle Reformen notwendig
Neben diesen schnellen Maßnahmen braucht die Wärmewende vor Ort, in den Kommunen, mit den Bürgerinnen und Bürgern aus Sicht der Stadtwerke jedoch strukturelle Reformen. So gibt es noch viele offenen Fragen zum Rechtsrahmen, die 84 Prozent als Hindernis sehen.
Paradebeispiel ist die Novelle des sogenannten Heizungsgesetz, dem Gebäudeenergiegesetz: „Wir appellieren an die Bundesregierung, sich schnell über den Weg zur Reform des GEG zu verständigen und Klarheit für alle zu schaffen, dieses Thema darf nicht auf die lange Bank geschoben werden. Wir brauchen hier schnelle grundlegende Entscheidungen in der Koalition, ”, so Liebing. Auch die BEW-Förderung sollte langfristig reformiert und in ein eigenes Gesetz überführt werden. Weiterhin mahnen 68 Prozent der Stadtwerke mehr Kosteneffizienz an. Ein Beispiel hierfür sind Doppelförderung: Aktuell werden Wärmepumpen auch in jenen Gebieten mit Mitteln aus der Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) gefördert, in denen die Wärmepläne Wärmenetzen den Vorrang geben. So torpediert der Bund mit Steuermitteln die Pläne der Kommunen. Eine Mehrheit von 57 Prozent stimmt zudem für eine Reform der Netzentgelte für Strom und Gas, zum Beispiel für verursachergerechte Stromnetzentgelte oder ein Gas-Kompensationskonto.