Politik
Rüstungsindustrie begrüßt schnellere Beschaffungen
Berlin 11.11.2025
– Die deutsche Rüstungsindustrie hat die geplanten schnelleren Beschaffungen für die Bundeswehr „uneingeschränkt begrüßt“. Hans Christoph Atzpodien vom Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie bewertete in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie am Montag besonders positiv, dass der Gesetzentwurf wegweisende Öffnungen wie die Befreiung von der Verpflichtung zur Beschaffung „klimafreundlicher Leistungen“ enthalte.
Grundlage der vom Vorsitzenden Christian Freiherr von Stetten (CDU) geleiteten Anhörung war der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur beschleunigten Planung und Beschaffung für die Bundeswehr (21/1931), mit dem die Vergabe öffentlicher Aufträge sowie die Errichtung verteidigungswichtiger Anlagen schneller durchgeführt werden soll, als dies nach der derzeitigen Rechtslage möglich ist.
Atzpodien appellierte an Bundesregierung und Bundestag, in jedweder Konstellation auf die „souveränitätsbegründende Kraft“ und auf die technologische Exzellenz der heimischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie zu setzen. „Eine starke nationale industrielle Basis trägt mit ihrer Spitzentechnologie maßgeblich zur Abschreckung und zur Verteidigungsfähigkeit Deutschlands, Europas und der NATO bei“, sagte der Sachverständige.
Jens Plötner, Staatssekretär im Verteidigungsministerium, wies darauf hin, mit dem Gesetz sollten Fähigkeitslücken schneller geschlossen werden, die technologische Souveränität solle gesichert und die Truppe mit dem bestmöglichen Gerät ausgestattet werden. Es werde jetzt auch leichter, Gesamtaufträge zu vergeben, statt die Vergabe in Teil-Losen vorzunehmen. Das Gesetz entlaste bei Bürokratie, setze verlässliche Fristen, stärke die Bundeswehr und die Industrie.
Auch Uwe Horstmann (STARK Defence) nannte den Entwurf „einen wichtigen Schritt in Richtung einer flexibleren, schnelleren und innovativeren Beschaffung von Verteidigungsgütern“. Die vorgesehenen Möglichkeiten, Start-ups bei Ausschreibungen stärker als bisher zu berücksichtigen, seien wichtige Schritte in die richtige Richtung.
Finn-Christopher Brüning (Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände) erwartet durch das Gesetz eine schnellere Modernisierung der Standorte, der Ausrüstung sowie der Ausbildungsmöglichkeiten für die Truppe. Die Beschleunigungen dürften jedoch nicht auf Vorhaben der Bundeswehr beschränkt bleiben, sondern sollten auch auf kommunale Infrastrukturprojekte ausgeweitet werden. „Landes- und Bündnisverteidigung funktionieren nur dann, wenn nicht nur die Kasernen modern und einsatzbereit sind, sondern auch die Straßen, Wege, Brücken sowie die Ver- und Entsorgungsinfrastruktur vor den Toren der Liegenschaften der Bundeswehr und der Bündnispartner leistungsfähig und belastbar sind“, sagte Brüning.
Professor Michael Eßig (Universität der Bundeswehr München) berichtete, das Beschaffungsvolumen der Bundeswehr werde gegenüber dem Vor-Ukraine-Kriegs-Jahr 2021 bis 2029 um 588 Prozent wachsen. Zugleich sei aber festzustellen, dass sich die Zahl der Bieter pro Vergabeverfahren stark verringert habe. Inzwischen würden 41,8 Prozent aller Verfahren mit nur einem einzigen Angebot enden. Die Bundeswehr erhalte etwa 2,2 Gebote pro Verfahren. Die geringe Wettbewerbsintensität lasse die Preise steigen.
Eßig sagte, die Instrumente zur Stärkung der Innovationsbeschaffung seien prinzipiell zu begrüßen: „Die vorgeschlagenen Instrumente des Gesetzes erweitern den Handlungsspielraum der Beschaffungsorganisation.“ Dass das Gesetz jetzt für den gesamten Bedarf der Bundeswehr gelte und nicht nur für Militärausrüstung im engeren Sinne, sei zu begrüßen und notwendig.
Julia Cuntz (IG Metall) forderte, die äußere Sicherheit dürfe nicht gegen die innere soziale Sicherung ausgespielt werden. Die nun mobilisierten Mittel müssten daher besonders effektiv ausgegeben werden.
Andreas Seifert (Informationsstelle Militarisierung) bezweifelte, dass das Gesetz die Aufgabe der Beschleunigung tatsächlich erfüllen könne. Das Gesetz selbst greife tief ins Wettbewerbs- und Vergaberecht ein und gebe der Regierung umfangreiche Befugnisse zur freihändigen Vergabe von Aufträgen. Trotz aller Bekundungen einer partnerschaftlichen Entwicklung der Rüstungsindustrie in Europa liege der Fokus des Gesetzes sichtbar auf der Stärkung einer nationalen deutschen Rüstungsindustrie. Dieser Protektionismus sei ein Kostentreiber.
Potenziell erhebliche negative Auswirkungen auf den Ausbau der Windenergie befürchtete Michael Rolshoven (Tettau/Rechtsanwälte). Der Gesetzentwurf stehe im Widerspruch zu den gesetzlichen Zielen des raschen Ausbaus der erneuerbaren Energien. Durch eine Art „pauschales Vetorecht“ der Bundeswehr gegen Windenergieanlagen wegen angenommener, wissenschaftlich aber nicht untersuchter Störungen von Radaranlagen seien erhebliche Flächenverluste für den Windenergieausbau zu befürchten.