Politik
Pressestimmen zum Trump-Putin-Ukraine-Gipfel
Berlin 14.08.2025
Bundeskanzler Friedrich Merz und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj besprachen gestern, Mittwoch, in Berlin ausführlich die Vorbereitungen für das Gipfeltreffen zwischen den US-amerikanischen und russischen Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin zur Beendigung der seit 2022 andauernden russischen Aggression gegen die Ukraine.
Die Einigung auf den US-Russland-Gipfel überraschte die Europäer, weshalb Bundeskanzler Merz die Initiative ergriff und Selenskyj nach Berlin einlud, um mit Frankreich, Großbritannien und der Europäischen Union einen europäischen Plan zu erörtern, der die Bemühungen des US-Präsidenten zur Beendigung des Krieges in der Ukraine unterstützt.
Während der Pressekonferenz zwischen Bundeskanzler Merz und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj bezeichnete Merz ein Waffenstillstandsabkommen als einen wegweisenden Schritt, dem weitere Schritte zur Beendigung des Krieges folgen sollten. Diese Aussage deutet darauf hin, dass die Trump-Putin-Gespräche nicht zu für alle zufriedenstellenden Ergebnissen führen werden.
Die Aussagen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, in denen er Russland den Krieg als Sieger bezeichnete, wurden von den meisten Beobachtern der Ukraine-Treffen als schwerer Schlag für den ukrainischen Präsidenten gewertet, der darauf besteht, Gebiete im Osten seines Landes nicht an Russland abzutreten und Moskaus Kontrolle über die Krim nicht anzuerkennen. Infolgedessen weigern sich Berlin, Paris, London, Warschau und andere, die Niederlage der Ukraine anzuerkennen.
Einige Beobachter der Lage in der Ukraine und des Drucks, der aus Washington und einigen EU-Hauptstädten auf den ukrainischen Präsidenten ausgeübt wird, erwarten, dass er gezwungen sein wird, die Übergabe einiger Gebiete der Ostukraine an Russland zu akzeptieren und Kiews NATO-Beitrittsantrag in Vergessenheit geraten zu lassen.
„In der Debatte um den Ukraine-Krieg hat sich etwas dramatisch verschoben“, konstatiert die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG: „Gebietsabtretungen durch die Ukraine stehen nun als Lösung des Konflikts im Mittelpunkt. Russlands Präsident Putin kann sich die Hände reiben. Für diesen Punkt auf seiner Agenda wird er gar nicht mehr verhandeln müssen, weder am Freitag mit Trump in Alaska noch anderswo. Von diplomatischer Finesse zeugt es mit Sicherheit nicht, ein Zugeständnis bereits zu machen, bevor gesprochen wird. Putin wird kaum mit gerührtem Entgegenkommen reagieren. Trump, sein qua Amt mächtigster Verhandlungspartner, hat ihm nichts entgegenzusetzen. Sämtliche Ankündigungen des US-Präsidenten sind verpufft, die von ihm gesetzte Frist für weitere Sanktionen ist verstrichen. Und Putin hat bereits bewiesen, dass er mit der Eitelkeit des Immobilienmaklers aus dem Weißen Haus gut zu spielen weiß“, analysiert die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
„Weder Russland noch die Ukraine haben das dreijährige Schlachten gewonnen“, unterstreicht die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg: „Allerdings befindet sich Russland im Vorteil, woraus die territorialen Ansprüche ableitbar sind. Die Ukraine wird folglich Land abgeben müssen. Alles, was ihr an eigenen Forderungen bleibt, sind die jetzt von Merz benannten ‚Sicherheitsgarantien‘. Doch worin sollen diese Garantien bestehen und wer überwacht deren Einhaltung? Selenskyj fordert – aus seiner Sicht verständlich –, dass die Ukraine von der Nato als Bündnispartner betrachtet wird. Ein weiterer russischer Angriff würde folglich zum Nato-Russland-Krieg führen“, befürchtet die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG.
Der MÜNCHNER MERKUR merkt an: „Die eigentliche Entscheidung über die Zukunft der Ukraine spielt sich nicht in Alaska, sondern in den Schützengräben des Donbass ab: Putin zeigt mit seiner neuen Offensive und dem seit Wochen anhaltenden Dauer-Bombardement auf ukrainische Zivilisten, dass er unverändert auf militärischen Sieg setzt. Trump dient dem Kreml-Herrscher da nur als zusätzliche Munition“, meint der MÜNCHNER MERKUR.
Auch die SÜDWEST PRESSE aus Ulm lobt Merz für das Vorbereitungstreffen: „Sowohl US-Präsident Donald Trump als auch seinen Vize J.D. Vance virtuell und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sogar in Person dabei zu haben, um das Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vorzubereiten, ist ein Scoop. Ein Scoop, den zu Zeiten des in solchen Dingen eher passiven Kanzlers Olaf Scholz (SPD) garantiert Frankreichs Präsident Emmanuel Macron abgegriffen hätte. „
„Doch es ist auch eine Bewährungsprobe“, entgegnet die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf: „Haben Kanzler Merz und seine Verbündeten Erfolg, ist das ein wichtiges Signal für die außenpolitische Einigkeit und Handlungsfähigkeit Europas. Wenn aber die von Russland überfallene Ukraine nach dem Treffen von Trump und Putin am Freitag als Verliererin dasteht, sind die europäischen Bemühungen gescheitert. Das würde auch nichts Gutes für die Zukunft verheißen. Bemerkenswert ist, dass es Merz gelungen ist, mitten in der Sommerpause so viele wichtige Akteure zusammenzubringen. Der Kanzler hat sich gleichzeitig ein Stück weit von dem ständigen und oftmals erfolglosen Ringen in der Europäischen Union – Stichwort Ungarn – freigemacht, indem er ein enges Bündnis mit Brexit-Land Großbritannien und Frankreich geschlossen hat. All dies sind Schritte in die richtige Richtung“, urteilt die RHEINISCHE POST.