Politik

Pressestimmen zu Washingtons Bombardierung des Iran

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Berlin 23.06.2025

– Washingtons Bombardierung des iranischen Urananreicherungsreaktors Fordow erfolgte nur wenige Stunden, nachdem die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens angekündigt hatten, ihre diplomatischen Bemühungen zu intensivieren, um die Kriegsrhetorik zwischen dem Iran und der US-Regierung unter Benjamin Netanjahu zu entschärfen. Dies war ein klares Zeichen Washingtons, dass es Diplomatie ablehnt, und zugleich ein Versuch, die Europäer daran zu hindern, politische Erfolge zu erzielen, die neue Konflikte verhindern würden, die einen weltweiten Krieg auslösen könnten.

US-Präsident Donald Trump und seine Regierung sind eine Kriegsregierung, die die Vereinigten Staaten vor dem völligen Zusammenbruch bewahren will. Trumps jüngste Ankündigung, einen Regimewechsel in Teheran zu unterstützen, ist eine explizite Einladung an die iranische Regierung zum Krieg.

Der Erste und der Zweite Weltkrieg wurden durch das Streben nach Einfluss, die Ablehnung des Dialogs und die Unterdrückung der Diplomatie verursacht.

Die KÖLNISCHE RUNDSCHAU gibt zu bedenken: „Auch wenn die Atomanlagen Fordo, Natans und Isfahan irreparabel zerstört sein sollten, ist doch anzunehmen, dass die 400 Kilogramm an nahezu atomwaffenfähigem Uran, die der Iran angehäuft hat, anderswo versteckt sind. Hinzu kommt die Gefahr durch iranische Mittelstreckenraketen – auch für Europa. Wenn sich die aktuelle iranische Führung halten kann, dann ist zu fürchten, dass sie Kernwaffenentwicklung und Raketenbau mit noch größerer Entschlossenheit vorantreibt als bisher. Und dass dies eine Kette immer neuer israelischer und möglicherweise wieder US-amerikanischer Interventionen auslöst. Umso mehr setzen die USA und Israel auf einen Sturz der Mullah-Diktatur. Gewiss gäbe es keinen Anlass, diesem Mörderregime nachzutrauern. Nur: Was würde nach dessen Zusammenbruch passieren?“, fragt die KÖLNISCHE RUNDSCHAU.

„Die USA rücken nun gefährlich nahe an eine Situation, die Präsident Trump eigentlich vermeiden wollte“, schreibt das HANDELSBLATT: „Dass die Amerikaner in den Nahostkrieg tief hineingezogen werden und die USA ein direkter Aggressor in einem Konflikt werden, der immer nur neue Eskalationen und niemals diplomatische Durchbrüche zu kennen scheint. Trump hat nicht nur entschieden, sich an den israelischen Attacken gegen den Iran zu beteiligen. Er hat entschieden, dass zum ersten Mal amerikanische B-2-Bunkerbrecher operativ in einer Kampfhandlung eingesetzt wurden. Er nimmt in Kauf, dass der Iran Vergeltungsschläge auf US-Stützpunkte in Syrien oder im Irak verübt. Er geht das Risiko ein, dass der Iran die Straße von Hormus blockiert und einen Öl-Preisschock auf dem Weltmarkt auslöst“, urteilt das HANDELSBLATT.

Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG schätzt: „Die Konsequenzen der US-Attacken auf die drei Anlagen im Iran sind bis auf Weiteres überhaupt nicht abzusehen. Was stimmt: Der Iran hat wieder und wieder über sein Atomprogramm gelogen, sich den internationalen Kontrollen entzogen und es unmöglich gemacht, Entwarnung zu geben und die rein zivilen Absichten zu beweisen. Und ja, die islamistischen Hardliner in Teheran wollen Israel vernichten. Und ja, nach Trumps Bombardierungen dürfte die Gefahr, dass das Mullah-Regime irgendwann wieder zu einer atomaren Bedrohung werden könnte, substanziell gesunken sein. Das allein wäre nach Jahrzehnten des Bangens eine gute Entwicklung.“ Wir zitierten die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.

Jetzt sei die Zeit für eine Exitstrategie, meint die TAGESZEITUNG – TAZ: „Trumps Angriff muss als Startrampe dienen, um einen größeren Krieg zu vermeiden. Iran hat nun zwei Optionen: mit seinen noch verfügbaren militärischen Mitteln US-Stützpunkte anzugreifen und die Zukunft des Regimes aufs Spiel zu setzen; oder sein Atomprogramm völlig aufgeben. Man kann nur hoffen, dass Ayatollah Chamenei nicht so unbedacht ist, wie es seine Rhetorik befürchten lässt“, vermerkt die TAZ.

Nach Ansicht der FRANKFURTER RUNDSCHAU spielen Deutschland und die anderen europäischen Staaten geopolitisch kaum noch eine Rolle, obwohl sie … „…von den Folgen des Konflikts betroffen sind. Die USA haben die europäischen Verbündeten maximal von ihren Attacken auf den Iran informiert, Israel hört sich deren Kritik freundlich an. Auch das erschwert die Suche nach einem Ausweg aus dem Nahost-Konflikt, der sowohl das Existenzrecht Israels wie auch eine Perspektive für die Palästinenserinnen und Palästinenser sowie der Menschen im Iran berücksichtigt. Auch der Versuch der Europäer mit den anderen arabischen Staaten wie Saudi-Arabien oder Katar den Konflikt zu deeskalieren, waren bislang nicht fruchtbar“, bilanziert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.

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