Politik

Presseschau zur Münchener Sicherheitskonferenz

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US-Regierung zeigt in München ihre Muskeln

München 15.02.2025

Die Rede des US-Vizepräsidenten Vance, die er am gestrigen Freitag vor den Teilnehmern der Münchner Konferenz für Internationalen Frieden und Sicherheit hielt, in der er Europa und die Welt aufforderte, sich den Amerikanern zu unterwerfen und das Vertrauen in die US-Regierung zu stärken, zugleich aber die Europäer als vertrauenswürdig bezeichnete, erregte den Zorn der meisten Teilnehmer, die Vances Rede zuhörten.

Vielleicht war der Applaus für ihn nichts weiter als Diplomatie, als wollte man ihm sagen, er solle seine langweilige Rede beenden, die nichts Neues bringt, und dass die Politik des US-Präsidenten Donald Trump, die er in der Welt verfolgen will, überhaupt keinen Erfolg haben wird, wenn er nicht uneingeschränkt mit den Europäern und anderen, insbesondere dem Nahen Osten, zusammenarbeitet und den Krieg in der Ukraine beendet. Trumps Forderungen und die Unterstützung seines Stellvertreters Vance, die Gaza-Bewohner sollten ihr Land verlassen und nach Ägypten und Jordanien gehen, sind nichts weiter als das Geschwätz eines alten Mannes, der versucht, seine Söhne und Enkel zu demütigen.

Vance hat sich in seiner Rede kritisch gegenüber Europa geäußert, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine entgegen den Erwartungen aber nicht erwähnt. Das wertet die BERLINER MORGENPOST wie folgt: „Jetzt sieht es so aus, als müsste in kürzester Zeit die Aufgaben- und Rollenverteilung in den transatlantischen Beziehungen ganz neu ausgehandelt werden. Und zwar in allen Facetten und mit Leuten, von denen man noch nicht einmal weiß, ob sie überhaupt noch im selben Team spielen. Sicherheit, Ukraine, Zölle, Energie, Handel: Donald Trump und seine Leute wollen einen einzigen, großen Deal zu ihren Gunsten. Als ‚disruptiv‘ wird die Politik der Trump-Regierung häufig beschrieben. Das klingt verwegen und couragiert. Die Wahrheit ist: Größer könnten das Chaos und die Gefahren kaum sein“, mahnt die BERLINER MORGENPOST.

Aus Sicht der NÜRNBERGER ZEITUNG wurden die europäischen NATO-Staaten vom US-Vizepräsidenten ignoriert: „Ob es in Zukunft drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung sein sollten oder mehr, wollte man mit den Amerikanern diskutieren. Doch zumindest deren Delegationsführer Vance schien das alles nicht zu interessieren. Das führte notgedrungen zu der Frage, ob man mit dieser Administration überhaupt noch reden kann. Wahrscheinlicher aber ist: Die Trump-Regierung hat sich eine neue Welt gebaut, in der Europa kaum noch vorkommt“, meint die NÜRNBERGER ZEITUNG.

Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER findet: „Die USA wenden sich in Rekordgeschwindigkeit von den Werten ab, die einst der ‚Westlichen Welt‘ gemeinsam waren. Die Trump-Regierung betreibt eine rücksichtslose isolationistische Machtpolitik, die ausschließlich auf den eigenen Vorteil bedacht ist.“

 „Der 14. Februar 2025 wird in die Geschichtsbücher eingehen“, schätzt die RHEINISCHE POST und erklärt: „…als der Tag, an dem die USA die enge Wertegemeinschaft mit Europa erstmal aufgaben. Die Ansage des US-Vizepräsidenten Vance an die europäischen Verbündeten ist an Härte kaum zu überbieten. Bei seiner Rede kommt es für Deutschland und die Europäer knüppeldick. Doch ausgerechnet der deutsche Bundespräsident übernimmt auf der Sicherheitskonferenz das Zepter. Er, dessen schärfste Waffe das Wort ist, wirft der US-Regierung in ebenfalls beispielloser Tonalität Rücksichtslosigkeit vor. ‚Diplomatie ist kein Käfigkampf‘, wirft Frank-Walter Steinmeier in den Raum und betont: ‚Was heute auf dem Spiel steht, ist die Selbstbehauptung unserer Demokratie.‘ Recht hat er – künftig leider auch mit Blick auf die USA“, bemerkt die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf.

Vance äußerte sich auch zur deutschen Innenpolitik. Dazu ist in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG zu lesen: „Nun also hat der amerikanische Vizepräsident die deutsche Parteienlandschaft vermessen und ist zu dem Schluss gekommen: Für Brandmauern gebe es hierzulande keinen Raum. Der deutschen Politik damit faktisch nahezulegen, doch bitte auch mit der in Teilen rechtsextremen AfD zusammenzuarbeiten, ist Vance‘ sehr eigene Version von ‚Tear down this wall‘. Und ja, er meint das ernst. Die Wahrscheinlichkeit, dass Vance Programmatik, Wesen und Ziele der AfD studiert und bis ins Detail durchdrungen hätte, darf man als gering einschätzen. Trotzdem nutzte der Amerikaner, der bisher nicht als intimer Kenner der deutschen Innenpolitik aufgefallen war, seinen ersten Deutschlandbesuch als US-Vize allen Ernstes dazu, den deutschen Parteien mindestens indirekt die AfD als Partner zu empfehlen – einen Tag nach seinem Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau. Mit ‚Affront‘ lässt sich all das nur unzureichend beschreiben“, urteilt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.

Der KÖLNER STADT-ANZEIGER kommentiert: „Vor 80 Jahren haben die Amerikaner Deutschland die Demokratie gebracht. Nun unternimmt US-Vize-Präsident Vance den Versuch, Deutschland und gleich der ganzen EU einen rechtspopulistisch autoritären Kurs zu verordnen. Die Aufforderung von Vance an die Demokraten in Deutschland, mit der AfD zusammenzuarbeiten, ist eine unzulässige Einmischung in den deutschen Bundestagswahlkampf“, ist im KÖLNER STADT-ANZEIGER zu lesen.

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