Politik
Presseschau zum Thema US-Raketen für die Ukraine
Was bedeutet es, dass Washington Kiew mit Raketen gegen Russland bewaffnet, ist es eine Verlängerung von Krieg oder Frieden?
Berlin 20.11.2024
Vor wenigen Tagen, konkret am vergangenen Samstag, verkündete der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seinen Wunsch, den Krieg mit Russland diplomatisch zu beenden. Doch seit der Ankündigung waren nur wenige Stunden vergangen, und US-Präsident Joseph Biden gab bekannt, dass seine Regierung Kiew erlaubt habe, das russische Landesinnere mit amerikanischen Raketen anzugreifen.
Es besteht die weit verbreitete Überzeugung, dass die derzeitige amerikanische Regierung Öl ins Feuer gießen will, um den Krieg, den Russland gegen die Ukraine führt, zu löschen und durch ihre Vermittlung Hindernisse zu schaffen, die den Beginn der Diplomatie verhindern, um den russischen Krieg gegen die Ukraine zu beenden Die amerikanische Regierung ist verärgert über das Telefongespräch, das Bundeskanzler Olaf Scholz am vergangenen Freitag mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin führte. Sie glaubt, dass das Telefonat grünes Licht für die Diplomatie sei, mit der Vermittlung zwischen Moskau und Kiew zu beginnen, um sie davon zu überzeugen, den Krieg zu beenden.
Was bedeutet es also für Washington, Kiew zu erlauben, den russischen Riesen mit amerikanischen Raketen zu treffen?
Im Weißen Haus gibt es keinen Unterschied zwischen Republikanern und Demokraten. .
„Ist das eine ausgefeilte Taktik?“, fragt sich die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg. „Kann die Ukraine damit den entscheidenden Durchbruch erreichen? Und was sagt Bidens Nachfolger im Amt, Trump, dazu, dass ihm sein baldiger Vorgänger solch eine Richtungsentscheidung aufdrückt? Fragen, auf die es noch keine Antworten gibt. Aus dem Trump-Lager war schon früh zu hören, dass Putin zu Verhandlungen gezwungen werden könnte – genau durch eine angedrohte Waffenfreigabe, wie sie Biden jetzt verkündet zu haben scheint“, konstatiert die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG.
„Für Scholz bietet Bidens Initiative eine Chance“, glaubt die TAGESZEITUNG –
TAZ – aus Berlin. „Er kann sein Image als besonnener Friedenskanzler aufpolieren, nachdem es durch das fragwürdige Abnicken von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland Kratzer bekam. Immerhin redet er mit Putin – und war immer gegen die Lieferung von Taurus. Die Union hingegen ist mit viel rhetorischem Gebläse auf dem taktischen Rückzug. Friedrich Merz war mal mit Herzblut für die Taurus-Lieferung, fand die aber vor den Wahlen in Ostdeutschland dann doch nicht mehr so dringend. 40 Prozent der Unionswählerschaft sind generell gegen Waffenlieferungen an Kiew und nun wenig begeistert, wenn ausgerechnet mit dem unberechenbaren Trump 500 Kilometer reichende Waffen nach Kiew geliefert werden. Es wird interessant zu sehen, ob Merz nun einen Weg zwischen rhetorischem Heldentum und Realpolitik findet“, heißt es in der TAZ.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg stellt fest: „Die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges ist mit dem Nordkorea-Nachschub für Russland und der Freigabe von US-Waffen auf russischem Gebiet endgültig zerstoben. US-Präsident Biden hat mit der Erlaubnis lange gezögert. Sie soll sein Vermächtnis um die Rolle des Friedensstifters bereichern. Vergeblich: Wenn US-Raketen in Russland einschlagen sollten, wären USA und Nato mittendrin in der Konfrontation zwischen zwei Ex-Sowjetrepubliken. Was würde ein Krieg der atomar hochgerüsteten Gegner Nato und Russland bedeuten? Der Regionalkonflikt könnte sich zum interkontinentalen, schlimmstenfalls nuklearen Krieg auswachsen“, befürchtet die VOLKSSTIMME.