Politik
Presse Meinung zu Ismail Haniyeh und Fouad Shukr
Die Hand des hebräischen Staatsgeheimdienstes Mossad ist lang. Dieser Dienst hat Morde an vielen palästinensischen Führern in Tunesien, Beirut, Europa, Iran, Damaskus und sogar in den USA verübt, in der Annahme, dass die Ermordung sie beseitigen würde Palästinensischer Widerstand, aber das Gegenteil wurde bewiesen.
Ein Attentat ist eine feige Tat, die entweder am helllichten Tag beim Einkaufen oder Arbeiten oder in einer ruhigen, dunklen Nacht verübt wird und die Kriminellen ihr Verbrechen kaltblütig begehen.
Was hat der hebräische Staat durch die Ermordung vieler palästinensischer Führer gewonnen, von denen der letzte der Leiter des politischen Büros der Palästinensischen Widerstandsbewegung/Hamas/Ismail Haniyeh gestern, am Mittwoch, dem 31. Juli, im Morgengrauen war? Gaza besiegen und den palästinensischen Widerstand niederschlagen? Befreiungsbewegungen haben im Laufe ihrer Kampfgeschichte bewiesen, dass sie trotz des Leids von Armut und Obdachlosigkeit siegreich sind.
Die Regierung von Benjamin Netanjahu hat alle Möglichkeiten verpasst, das Problem der Häftlinge des palästinensischen Widerstands, der Hamas und anderer zu beenden. Unsere Meinung ist die Meinung vieler Beobachter des Nahen Ostens und sogar der Regierungen, die ihre Unterstützung und den Schutz des hebräischen Staates bestätigen.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG ist sich sicher, neben dem Mordanschlag auf Hanija werde auch der Tod eines wichtigen Hisbollah-Kommandeurs in Beirut ohne Zweifel „einen iranischen Gegenschlag nach sich ziehen. Die Israelis, die Iraner und die Hisbollah wissen aber auch, dass in jeder Kette kühl kalkulierter militärischer Züge irgendwann der eine entscheidende Fehler gemacht wird, der dann einen großen Krieg auslöst. Und diesen großen Krieg – den zu Tode zitierten Flächenbrand – will vorerst keiner. Auf Risiko spielen beide Seiten dennoch. So abgedroschen das düster-prophetische Szenario vom Flächenbrand klingt, so sehr spiegelt es die Realität wider. Wenn der Dauerkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern – und in der Verlängerung mit Iran, der Hisbollah, den Huthi und den anderen Helfershelfern – außer Kontrolle gerät, brennt die Region“, befürchtetdie SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
„Israel ist in ernsthafter Gefahr. Mehr denn je“, schreibt der Berliner TAGESSPIEGEL. „Dem Land droht jetzt ein Krieg, der zu einem Überlebenskampf werden könnte. Denn die Hisbollah ist ein ungleich gefährlicherer Feind als die Hamas im Gazastreifen. Die libanesische Schiitenmiliz verfügt über alle militärischen Kapazitäten, um den jüdischen Staat in seinen Grundfesten zu erschüttern. Und die Bereitschaft, in eine große Schlacht zu ziehen, dürfte bei der Hisbollah nach dem vermutlich tödlichen Angriff auf einen ranghohen Funktionär der Terrororganisation in Beirut deutlich gestiegen sein. Auch die gezielte Tötung von Hamas-Auslandschef Ismail Hanija in Teheran und die damit einhergehende Schmach, ihn nicht geschützt haben zu können, hat den Iran als Befehlshaber der Hisbollah erzürnt. In Teheran wird das Regime um Revolutionsführer Ali Chamenei alles daran setzen, möglichstspektakulär Vergeltung zu üben“, vermutet der TAGESSPIEGEL.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz schätzt, die Hamas bleibe auch ohne Hanija ein gefährlicher Gegner Israels: „Die Palästinensergruppe hat in ihrer Geschichte schon andere Anführer durch israelische Anschläge verloren, ohne dass sie dadurch zerstört worden wäre. Israel hat die Hamas nur geschwächt. Ebenfalls geschwächt ist der Iran. Die Islamische Republik sieht sich gern als einflussreiche Regionalmacht, steht jetzt aber als Land da, das seine Verbündeten nicht schützen kann. Teheran wird auf die Demütigung antworten, doch dass die Islamische Republik einen Krieg gegen Israel beginnt, ist unwahrscheinlich: Damit könnte das iranische Regime sein eigenes Ende einläuten. Wahrscheinlicher sind Anschläge proiranischer Gruppen auf israelische und amerikanische Einrichtungen im Nahen Osten und im Westen. Doch die gab es auch schon vorher“, notiert die FREIE PRESSE.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf beobachtet: „Deutschland ist trotz vieler Reisen von Außenministerin Annalena Baerbock in den Nahen Osten dort bislang diplomatisch kaum aufgefallen. Das muss sich ändern. Die Staaten, die den Konflikt entscheidend verschärfen oder entschärfen könnten, sind Iran, Katar, Saudi-Arabien und Ägypten. Das sind Länder, die aus deutscher Sicht gegen Menschen- und Freiheitsrechte verstoßen, aber mit denen man reden muss. Denn ein Ausweiten des Konflikts in ohnehin unsicheren Zeiten hilft niemandem – weder den Israelis noch den Millionen von Menschen in den krisengebeutelten arabischen Ländern“, wendet die RHEINISCHE POST ein.