Politik

Kampfansage an die Minderheiten – Kommentar zur Eskalation der Lage in Südsyrien

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Berlin 17.07.2025 

Die Zeitung „Der Tag“ kommentiert: Der Startschuss zu einem größeren Konflikt wurde abgefeuert. Statt auf Diplomatie zwischen Stammesältesten setzte Syriens Übergangspräsident Al-Scharaa auf die Milizen seiner HTS-Bewegung. Als die Umstände der Entführung eines Lastwagenfahrers noch unklar waren, kam es bereits südwestlich von Damaskus zu Schusswechseln zwischen drusischen und beduinischen Syrern. Da die Drusen unter dem Schutz Israels stehen, das deren Siedlungsgebiet zur demilitari­sierten Zone erklärt hat, war klar, dass ein Eingreifen Damaskus‘ die Lage eskalieren würde.

Auf Panzern rollten die sunnitischen HTS-Kämpfer in die drusische Stadt Al-Suweida, offiziell als Streitschlichter, doch sie schnitten drusischen Männern die Bärte ab. Schnell wurde aus dem Einsatz eine Kampagne gegen „Ungläubige“, ähnlich wie zuvor gegen die Alawiten. Das Video über die Verunglimpfung eines 80-jährigen drusischen Geistlichen ging wie ein Lauffeuer durch soziale Medien.

Der von israelischen Luftangriffen beendete Vormarsch der sunnitischen Kämpfer mit Al-Qaida-Ideologie ist eine Gefahr für den Vielvölkerstaat Syrien. In sozialen Medien wird zeitgleich mit dem Angriff auf Al-Suweida gegen Drusen, Kurden, Alawiten und Christen gehetzt. Kritiker Al-Scharaas glauben, dieser Populismus gegen Minderheiten diene der Mobilisierung von Anhängern. Denn die Mehrheit der Syrer ist wegen der bisher ausgebliebenen Aufarbeitung der Verbrechen des Assad-Regimes und der Wirtschaftslage enttäuscht. Drusen wird nun die Kooperation mit Israel vorge­worfen, während Präsident Al-Scharaa die israelische Besetzung syrischen Staatsgebiets bisher kommentarlos hinnimmt. Und Europa schweigt dazu, dass der Süden Syriens gerade der neue Konfliktherd der Region wird.

Erklärung

Die Politik- und Sozialwissenschaften erläutern das Konzept des Unterschieds zwischen Diaspora und Minderheiten so:

Der Begriff Diaspora kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Zerstreuung“. Bezeichnet eine Gruppe von Menschen, die in einem anderen Land oder Gebiet als ihrer Heimat leben, oft als Minderheit. Die Diaspora-Gemeinschaft hat oft eine starke Bindung zu ihrem Herkunftsland und dessen Kultur, auch wenn sie dort nicht mehr lebt. 

Die Migration in die Diaspora kann freiwillig oder unfreiwillig sein, oft ist sie jedoch mit traumatischen Erfahrungen verbunden. Bezeichnet eine Gruppe von Menschen, die in einem bestimmten Gebiet zahlenmäßig weniger sind als die Mehrheitsbevölkerung. Minderheiten können ethnisch, religiös, sprachlich oder kulturell sein. 

Nicht jede Minderheit ist eine Diaspora, da nicht alle Minderheiten eine gemeinsame Migrationsgeschichte haben.  Beispiele für Minderheiten sind ethnische Minderheiten in einem Land oder religiöse Minderheiten in einem bestimmten Gebiet.

Dieses Konzept betrachtet die Drusen und Alawiten nicht als Diaspora, sondern als religiöse Minderheiten. Die Kurden hingegen sind weder Diaspora noch Minderheit. Sie leben seit Jahrtausenden in der Levante, haben aber ihre eigene Sprache und Kultur. Christentum und Judentum hingegen sind die Ursprünge des Konzepts des religiösen Pluralismus im Nahen Osten.

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