Politik
GesReform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems: Kabinett beschließt Gesetzentwürfe zur Umsetzung
Gesetzentwurf sieht auch eine zeitnahe Anpassung der Flughafenverfahren vor, um GEAS-Kriterien bereits anzuwenden
Berlin 07.11.2024
Die Bundesregierung hat in der heutigen Kabinettsitzung zwei Gesetzentwürfe zur Umsetzung des neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) beschlossen. Damit sollen die EU-rechtlichen Grundlagen in nationales Recht umgesetzt werden. Das GEAS-Reformpaket dient dazu, Migration insgesamt verlässlich zu steuern und zu ordnen, humanitäre und rechtsstaatliche Standards für Geflüchtete zu wahren und die irreguläre Sekundärmigration – also das unkontrollierte Weiterziehen in andere EU-Mitgliedstaaten – zu begrenzen.
Bereits jetzt sollen in Deutschland außerdem bestehende rechtliche Spielräume genutzt werden, um im Flughafenverfahren vorzeitig zentrale GEAS-Regelungen anzuwenden. Beim Flughafenverfahren wird das Asylverfahren vor der Einreise, also noch im Transit, durchgeführt. Für Personen aus Herkunftsstaaten mit einer EU-weiten Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent wird das Flughafenverfahren bereits jetzt Anwendung finden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Wir setzen das neue Gemeinsame Europäische Asylsystem mit Hochdruck um. Damit werden endlich die Außengrenzen der EU umfassend geschützt und Ankommende verlässlich kontrolliert und registriert. Asylverfahren für Menschen mit geringer Aussicht auf Schutz werden dann schon an den EU-Außengrenzen geführt. Die Verantwortung für Geflüchtete in Europa wird fairer verteilt. So entlasten wir unsere Kommunen dauerhaft.
Die europäischen Gesetze sind bereits beschlossen, das deutsche Recht passen wir jetzt an. Unsere Gesetzentwürfe hierzu haben wir heute im Bundeskabinett beschlossen und können jetzt im Parlament beraten werden. Damit setzen wir auch ein wichtiges Signal in Europa, dass Deutschland das neue Recht schnell und umfassend umsetzt. Wir werden uns auch auf europäischer Ebene weiter für eine zügige Umsetzung der Reform in allen Mitgliedstaaten einsetzen.“
Das neue Recht wird weitreichende Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis in Bund, Länder und Kommunen haben: Hier müssen die neuen Verfahren umgesetzt und zuvor eine Vielzahl von administrativen, technischen und prozeduralen Schritten absolviert werden. Das nationale Recht muss daher frühzeitig und deutlich vor Ende der EU-rechtlich vorgegebenen Umsetzungsfrist Mitte 2026 angepasst werden. Die zuständigen Behörden brauchen möglichst frühzeitig Klarheit und Rechtssicherheit.
Was sich mit der GEAS-Reform ändern wird:
Alle Personen, die irregulär in die EU einreisen, sollen eine effiziente und verpflichtende Überprüfung („Screening“) innerhalb einer wenige Tage dauernden Zeitspanne durchlaufen. Dies ermöglicht es zu kontrollieren, wer EU-Territorium betritt, Personen zu registrieren und diejenigen zu identifizieren, die die Voraussetzungen für die Einreise in die EU nicht erfüllen. Die Überprüfung beinhaltet einheitliche Gesundheits-, Identitäts- und Sicherheitskontrollen.
In vielen Fällen sollen bei Einreise über die EU-Außengrenzen die Asylverfahren bereits dort im Asylgrenzverfahren durchgeführt werden. Dies ist dann der Fall, wenn von den Antragstellern eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder öffentliche Ordnung ausgeht, sie die Behörden bezüglich ihrer Identität getäuscht haben oder aus Herkunftsländern stammen, deren Staatsangehörige ohnehin nur geringe Chancen auf einen internationalen Schutzstatus haben. Letzteres gilt, wenn die Schutzquote EU-weit unter 20 Prozent liegt. Dies ist bei einer Vielzahl von Herkunftsstaaten der Fall. Die verpflichtende Einführung des Asylverfahrens an der EU-Außengrenze ermöglicht eine schnelle und zugleich rechtsstaatliche Durchführung von Asylverfahren für Personen, bei denen die Zuerkennung von Schutz unwahrscheinlich ist. Unbegleitete Kinder und Jugendliche können grundsätzlich direkt in die EU einreisen und werden nicht in Außengrenzverfahren kommen, sofern es sich nicht um Sicherheitsfälle handelt.
Vereinbart wurde erstmals ein dauerhafter, verbindlicher und auf einem fairen Schlüssel beruhender Solidaritätsmechanismus. Er soll sicherstellen, dass EU-Mitgliedstaaten, die unter Migrationsdruck stehen, verbindlich von anderen EU-Mitgliedstaaten entlastet werden – sei es durch die Übernahme von Personen, durch finanzielle Unterstützung oder durch alternative Beiträge.
Die bisherigen Dublin-Regeln werden reformiert, um die Verfahren zu beschleunigen und so irreguläre Sekundärmigration zu reduzieren – also das unkontrollierte Weiterziehen in andere EU-Mitgliedstaaten. Zuständig für die Verfahren bleibt grundsätzlich der Mitgliedstaat, in dem die Antragsteller zuerst die EU betreten.
Zur Beantwortung der Frage, ob Menschen auch in einem sicheren Drittstaat Schutz finden und dorthin überstellt werden können, wurden klare rechtliche Regeln auf der Grundlage menschenrechtlicher Standards definiert.
Damit wir wissen, wer zu uns kommt, wird EURODAC zu einer echten Migrationsdatenbank ausgebaut. Künftig werden zum Beispiel biometrische Daten sowie Identitäts- oder Reisedokumente gespeichert. Auch der Kreis der erfassten Personengruppen wird erheblich erweitert. So entsteht eine verlässliche Datengrundlage zu Migration in die EU und innerhalb der EU. Wanderbewegungen können besser nachvollzogen werden. Das ist entscheidend, um irreguläre Sekundärmigration zu reduzieren.
Die Verfahren an den Außengrenzen führen nicht nur zu mehr Sicherheit innerhalb Europas, sondern beinhalten auch einen Monitoring-Mechanismus, der sicherstellt, dass sich die Mitgliedstaaten bei Screening- und Asylgrenzverfahren an die geltenden Regeln halten.
Innerhalb der EU gelten künftig gemeinsame Mindeststandards für die Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Schutzsuchenden. Die Verfahren zur Aufnahme von Menschen aus humanitären Gründen sollen EU-weit vereinheitlicht werden. Auch die Standards zur Anerkennung internationalen Schutzes werden vereinheitlicht. Das ist entscheidend, um irreguläre Sekundärmigration zu reduzieren.