Politik
EZ: Bewegung in der Geberlandschaft
Berlin 28.08.2025
Die globale Geberlandschaft verändert sich. Die USA und Europa reduzieren die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit, während China und die Golfstaaten ihre Beteiligung verstärken. Chinas Budget für die EZ ist beträchtlich. China wird aber dafür kritisiert, dass die Auslandshilfe oft chinesischen Firmen zugute kommt und auf Krediten basiert. Die Staaten des Persischen Golfs hingegen setzen auf massive Investitionen, oft mit strategischen geopolitischen Interessen.
Im Jahr 2024 ist die Öffentlicher Entwicklungshilfe (ODA) nach der OECD-Statistik zum ersten Mal seit sechs Jahren zurückgegangen. Sie sank real um 7,1 % im Vergleich zu 2023. Insgesamt wurden von den Mitgliedsstaaten des Development Assistance Committee (DAC) 212,1 Milliarden US-Dollar vergeben. Das entspricht 0,33 % des kombinierten Bruttonationaleinkommens der Mitgliedsländer. Im DAC sind 22 Industrienationen sowie die Europäische Union vertreten.
Nur 4 Länder überschritten das von den Vereinten Nationen vorgegebene Ziel, 0,7% des Bruttoinlandsprodukts in Entwicklungshilfe zu investieren: Dänemark (0,71%), Luxemburg (1,00%), Norwegen (1,02 %) und Schweden (0,79%).
Außen vor bleiben in den OECD-Statistiken aber Geberländer, die nicht DAC-Mitlieder sind, wie China, die Golfstaaten, Indien oder Brasilien.
China
China veröffentlicht üblicherweise keine umfassenden Daten zu Entwicklungshilfe. Ein Bericht des Handelsministeriums von 2024 wies lediglich 2,85 Milliarden US-Dollar an Auslandshilfe nach. Dagegen flossen 2024 6,1 Milliarden Dollar in neue Staatskredite und 121,8 Milliarden Dollar in Projekte im Rahmen der Belt and Road-Initiative in 149 Ländern.
„China ist ein äußerst kritischer und wertvoller Akteur im Ökosystem“, meint Bright Simons, Präsident von mPedigree. Kritiker argumentieren, dass zu viel Geld aus der chinesischen EZ bei chinesischen Firmen bleibt. Dass China zu hohe Zinsen für Kredite verlangt, sieht das Overseas Development Institute (ODI) anders: „Es gibt eine Menge Übertreibung“, erklärt Yunnan Chen von ODI Global und verweist auf die Überschuldung Afrikas durch „billige“, vor allem westliche Kredite in der Vergangenheit.
Eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt, dass China Entwicklungszusammenarbeit bereits seit den 1950er Jahren als strategisches Instrument einsetzt. Peking baut nicht nur Straßen, sondern bietet z.B. auch Lösungen für digitale Infrastrukturen an. „Vielerorts ist China dabei in Lücken vorgestoßen, die der Westen hinterlassen oder gar nicht erst angegangen hat“, so die FES.
Mit der Gründung der chinesischen Agentur für internationale Entwicklungszusammenarbeit (CIDCA) im Jahr 2018 sollten die verschiedenen Arten von chinesischen Geldflüssen koordiniert werden. Peking stärkt seine Präsenz in Entwicklungsländern zudem mit Initiativen wie der Neuen Seidenstraße (Belt and Road Initiative) . Laut einer Analyse der Boston University beliefen sich die chinesischen Projektfinanzierungen in Afrika zwischen 2000 und 2022 auf rund 170 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Die Afrikanische Entwicklungsbank vergab in diesem Zeitraum Staatskredite in Höhe von knapp 37 Milliarden US-Dollar, die Weltbank stellte dem Kontinent 264 Milliarden US-Dollar bereit.
Golfstaaten: Investitionen und Rettungsdiplomatie
Die Staaten des Persischen Golfs verfolgen ihr eigenes Modell – massive Investitionen gepaart „Rettungsdiplomatie“:
o Hilfen für von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bedrohte Staaten. Saudi-Arabien vergab 2023 rund 5,2 Milliarden Dollar an Öffentlicher Entwicklungshilfe (ODA). Die Vereinigten Arabischen Emirate genehmigten 2024 1,7 Milliarden Dollar. Gemeinsam haben die Golfstaaten mehr als 100 Milliarden US-Dollar in Afrika investiert.
o Rettungsaktionen (Bailout Aid – schnelles Geld, Treibstoff oder günstige Kredite) stabilisieren Regierungen ohne IWF-artige Reformen, dienen aber häufig strategischen Zwecken. Insbesondere dem vom Bürgerkrieg gebeutelten Sudan kamen Golf-Hilfen zugute – wohl vor allem aus geopolitischem Kalkül. Die arabischen Golfstaaten wollen ihre Macht in der Region ausbauen. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben enge Verbindungen zur Rebellenbewegung RSF. Sie sind zudem wichtigster Handelspartner für den Sudan. „With bailout aid, there is a clear correlation with geopolitical interests,” erklärt Hasan Alhasan vom International Institute for Strategic Studies.
G20-Staaten: Indien und Brasilien
Brasilien und Indien blicken inzwischen ebenfalls wiet über ihre Regionen hinaus. Brasiliens Präsident Luiz Inácio „Lula“ da Silva hat Botschaften in Afrika wiedereröffnet und 1,8 Milliarden Dollar an Investitionen zugesagt. Indien vergab seit 2000 mehr als 48 Milliarden Dollar an Hilfsgeldern, ein Drittel davon nach Afrika. Ziel sind oftmals Projekte in der Landwirtschaft und im Gesundheitssektor.