Politik
Experten fordern Forschung und Aufklärung zu ME/CFS
Berlin 15.10.2025
– Der Gesundheitsausschuss hat sich in einem Fachgespräch mit „postviralen Erkrankungen wie Long-Covid und ME/CFS“ befasst. Dabei forderten die Sachverständigen am Mittwoch eine stärkere Förderung der Forschung sowie mehr Hilfe für die Betroffenen im Versorgungsalltag.
Die Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) gilt derzeit ebenso wie die Syndrome von Long-Covid und Post-Covid als nicht heilbar. Lediglich die Symptome können behandelt werden.
Sebastian Musch von der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS sagte, die Versorgungslage sei alarmierend schlecht, die Wege zur Diagnose extrem lang. Die meisten Ärzte wüssten nicht, wie sie mit dem Krankheitsbild umgehen sollen. Die Versorgungslücke sei das Ergebnis jahrzehntelanger Vernachlässigung und fehlender Aufklärung. Es mangele an spezialisierten Anlaufstellen und stationären Behandlungsmöglichkeiten. Leistungsansprüche würden oft abgelehnt, was zu Armut bei Betroffenen führe. Daher sei eine umfassende Aufklärungskampagne zu ME/CFS dringend notwendig. Daneben sei die Erforschung von medikamentösen Therapien von zentraler Bedeutung.
Simon Schöning von Long-Covid Deutschland sagte, es bestünden unverändert Barrieren, die einer flächendeckenden medizinischen und sozialen Versorgung im Wege stehen. Er forderte Kompetenzzentren oder Schwerpunktpraxen sowie strukturierte und standardisierte Behandlungsprogramme. Die Versorgung mit Hilfsmitteln und die Anerkennung von Pflegebedürftigkeit, notwendiger Assistenz oder Schwerbehinderung sei oft erst durch Widerspruch oder Klage zu erreichen.
Die Medikamentenforschung im Off-Label-Bereich (außerhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs) und an neuen Präparaten sei das erfolgversprechendste Mittel gegen Long-Covid und ME/CFS, sagte Schöning. Er sprach von schätzungsweise rund 1,5 Millionen Menschen in Deutschland, die an Long-Covid oder ME/CFS erkrankt sind. Die Folgekosten seien erheblich. Nötig sei die Finanzierung von Grundlagen- und Therapieforschung.
Bettina Hohberger vom Universitätsklinikum Erlangen verwies auf Therapiestudien, um Biomarker und Biosignaturen zu identifizieren. Biomarker und Biosignaturen könnten als Diagnostika eingesetzt werden. Nötig seien verschiedene Therapien für spezifische Untergruppen. Post-Covid etwa sei kein einheitliches Krankheitsbild. Das Ziel sei, von der zeit- und kostenaufwendigen Ausschlussdiagnostik wegzukommen.
Carmen Scheibenbogen von der Charité sagte, es fehlten vor allem Fachambulanzen. Ein anderes zentrales Problem sei die oft fehlende Anerkennung, dass es sich um eine schwere chronische Erkrankung handele, die durch Psychotherapie und psychosomatische Rehabilitation nicht behandelbar ist. Zentral sei die Medikamentenentwicklung. Derzeit gebe es keine Medikamente, die ursächlich wirksam seien bei ME/CFS oder Long-Covid.
Die symptomorientierte Behandlung einschließlich einer spezialisierten Rehabilitation werde von Patienten zwar als hilfreich angesehen, ändere aber nichts an der Krankheitsschwere, sagte Scheibenbogen. Daher müssten therapeutischen Studien vorangetrieben werden. Die vielversprechendsten Ergebnisse würden mit der Entfernung von Autoantikörpern über Immunadsorption erzielt.