Politik
Experten diskutieren über Gefahren durch Desinformation
Berlin 13.11.2026
– Experten warnen mehrheitlich vor anhaltender Einflussnahme und vor Desinformationskampagnen durch autoritäre Staaten. In einer Öffentlichen Anhörung des Menschenrechtsausschusses am Mittwochnachmittag reichten die Empfehlungen von der stärkeren Förderung der Medienkompetenz bis hin zu Rufen nach mehr Regulierung, etwa durch eine enge Auslegung des Digital Service Act. An der Veranstaltung unter dem Titel „Desinformation durch autokratische Staaten mit dem Ziel der Schwächung von Demokratie und Bedrohung der Menschenrechte“ nahmen sechs Experten teil.
Die Journalistin Gesine Dornblüth bezeichnete russische Desinformation als „Sicherheitsrisiko“. „Sie sei ein zentraler Bestandteil des russischen hybriden Krieges gegen demokratische und offene Gesellschaften.“ Der Kreml weite die Desinformation weiter aus, für 2026 sehe der Haushalt die Rekordsumme von umgerechnet 1,5 Milliarden Euro für Propagandamedien vor. Inhaltlich gehe es vor allem darum, Stimmung gegen die Ukraine und ihre Unterstützer machen und Zweifel am Sinn der wegen des russischen Angriffskriegs gegen Russland verhängten Sanktionen zu streuen. Dornblüth sprach sich für eine Stärkung der Medienpädagogik in Schulen und in der Erwachsenenbildung aus. Wer wisse, wie russische Kampagnen funktionierten und wer mit ihnen rechne, sei weniger anfällig.
Für Ferdinand Alexander Gehringer von der Konrad-Adenauer-Stiftung steht Russland bei Desinformationen „an vorderster Front und ist die größte Bedrohung für Deutschland“. Russische Kampagnen kombinierten „staatliche Medien, Geheimdienststrukturen, Troll-Netzwerke und KI-generierte Inhalte zu einem hochgradig vernetzten Ökosystem“. Dahinter stehe das Ziel, gesellschaftliche Spaltung zu vertiefen, das Vertrauen in demokratische Prozesse und Strukturen zu untergraben und die Handlungsfähigkeit der westlichen Staaten zu schwächen – nicht zuletzt bei der Unterstützung der Ukraine.
In diese Kerbe schlug auch der Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje: Vertrauen solle durch solche Kampagnen systematisch zerstört werden. „Die Menschen sollen nicht mehr wissen, was wahr ist und was falsch ist, die gemeinsame Faktenbasis soll eliminiert werden“. Es handle sich bei „Desinformation um eine Strategie der Informationsmanipulation“. Wie weit diese Manipulation reichen, machte er am Beispiel von KI-Modellen deutlich, die von Russland strategisch gefüttert würden. „Im schlimmsten Fall kommt es zu der Situation, dass man eine KI befragt zur Überprüfung einer Information und die Antwort dieser KI ist eigentlich vom Urheber der Desinformation.“ Nötig sei mehr Medienbildung mit dem Ziel der „Informationskompetenz“. Es gehe vor allem darum, Quellen richtig einschätzen zu können.
Stefan Liebich von der Rosa-Luxemburg-Stiftung machte auf das schleichende Sterben von Lokalzeitungen in Deutschland aufmerksam. Es müsse darum gehen, gemeinnützigen Journalismus zu unterstützen, entweder auf Spendenbasis, und wo das nicht funktioniere, auch vonseiten des Staates durch steuerliche Förderung. Mit Nachdruck machte sich Liebich für die Regulierung sozialer Netzwerke und gegen eine Verwässerung des Digital Service Act der EU stark. Wenn man sich anschaue, dass einige der reichsten Männer der Welt wie Elon Musk und Mark Zuckerberg die Plattformen „X“ beziehungsweise Facebook, Instagram und Whatsapp besitzen und zudem Unterstützer des US-Präsidenten Trump seien, „dann wird einem klar, was wir hier für ein Problem haben“.
Jan Mainka, Chefredakteur und Herausgeber der „Budapester Zeitung“, beklagte ein „eklatantes Auseinanderklaffen“ zwischen dem Ungarnbild deutscher „Mainstreammedien“ und der Wirklichkeit vor Ort. Es gebe eine ausgeprägte Meinungsfreiheit in Ungarn, Medien könnten frei berichten, es gebe keine staatlichen Eingriffe in den redaktionellen Alltag, es könne auch sehr hart kritisiert werden. Der Schlachtruf der ungarischen Opposition belege Premier Viktor Orban mit einer Schmähung, ohne dass dieser daraufhin klagen würde. Es gebe in Ungarn nicht den Straftatbestand der „Majestätsbeleidigung“. „Wenn man das machen würde wie hier in Deutschland, könnte man die komplette Opposition lahmlegen.“
Puma Shen, Abgeordneter im taiwanesischen Parlament für die Democratic Progessive Party, verwies in seiner schriftlichen Stellungnahme auf ein „asymmetrisches Dilemma“ für Demokratien. „Informationelle Autokratien“ wie China oder Russland stünden praktisch unbegrenzte, durch keine demokratische Kontrolle eingeschränkten Ressourcen und Kanäle für Kampagnen zur Verfügung. Autoritäre Kampagnen seien äußerst wirkmächtig und schwer zu bekämpfen. „Die Politik muss den Schwerpunkt auf die Zerschlagung der strukturellen Architektur der ausländischen Einflussnahme“, legen und zum anderen Medienkompetenz fördern. Bürgerinnen und Bürger sollten ermutigt werde, „Narrativen im Internet die Komplexität der echten Welt entgegenzusetzen und sich auf primäre und nuancierte Informationen zu