Politik
Dritte Meinung zum Thema Haushalt
Berlin 19.09.2025
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG sieht im Haushalt für das laufende Jahr, den der Bundestag gestern beschlossen hat, zwar Mängel, nimmt aber den zuständigen Minister in Schutz: „Natürlich ist es völlig legitim, das Erstlingswerk des immer noch recht neuen Finanzministers Lars Klingbeil zu kritisieren. Dem Etat fehlt eine Handschrift, er setzt keine Prioritäten, die Planung für die Folgejahre ist übersät mit Löchern, und nicht jeder Euro, der dank der erweiterten Verschuldungsmöglichkeiten zusätzlich aufgenommen wird, fließt eins zu eins in die Sanierung von Brücken und Schienen. Für all das gibt es jedoch Gründe: So hatte die neue Regierung für die Aufstellung der Haushalte 2025 und 2026 nur wenige Wochen Zeit, zudem musste sie erst einmal die riesigen Lücken im Zahlenwerk schließen, das ihnen die Ampelvorgänger freundlicherweise hinterlassen hatten“, gibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zu bedenken.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE hat weniger Verständnis und stellt klar: „Deutschland steht am Scheideweg: Wenn die Koalition die Milliarden aus ihren Konjunkturpaketen nicht schnell und klug investiert, wenn sie den Menschen nicht bald das Gefühl gibt, dass sich tatsächlich etwas verändert, dann drohen dem Land französische oder britische Verhältnisse. Die jüngsten Umfragerekorde der AfD zeigen, wie tief der Frust und der Verdruss draußen im Land sitzen.“
„Es ist nicht nur psychologisch, sondern auch ganz real notwendig, dass die Infrastruktur wieder auf Vordermann gebracht wird“, hebt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG hervor. „Das Sondervermögen Infrastruktur war doch auch deshalb von einer Mehrheit der Bevölkerung für richtig befunden worden, weil jeder täglich sieht und spürt, dass das Land zu lange auf Verschleiß gefahren wurde.“
Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Wuppertal erwartet hier vorerst keine große Verbesserung und staunt: „Wer die Nachricht liest, kann das kaum glauben. Gerade erst hat die Bundesregierung ein Infrastruktur-Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen der nächsten zwölf Jahre aufgelegt, um auch den angesammelten Mehltau über dem deutschen Verkehrssektor aufzulösen. Nun vermeldet der Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder, dass für den geplanten Ausbau von Autobahnen und Bundesstraßen im Haushalt viel zu wenig Geld da ist. Das ist schwer vermittelbar.“
Auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG erinnert: „Es ist nicht einmal ein Jahr her, da stürzte die Ampelregierung über ihre Haushaltsplanung. Jetzt, wo eigentlich der ‚Herbst der Reformen‘ beginnen soll, hat sich die schwarz-rote Bundesregierung in eine Situation mit vergleichbarer Sprengkraft manövriert. Konkret geht es um den im März beschlossenen 500-Milliarden-Schuldenfonds. Mit dem wollte die Regierung Straßen, Schienen und Brücken in Schuss bringen. Ein halbes Jahr später fehlen die Mittel für all das. Es braucht keinerlei Phantasie, um sich auszumalen, wie sehr die AfD dieses Versagen der Koalition ausschlachten wird. Wortbruch und Verfall der Infrastruktur sind eine toxische Mischung für diese Bundesregierung. Der Kanzler, sein Finanzminister und die Regierungsfraktionen müssen den Haushalt 2026, der kommende Woche in den Bundestag gehen soll, vom Kopf auf die Füße stellen. Gelingt der Koalition das nicht, droht ihr ein Herbst des Scheiterns“, ist die F.A.Z. überzeugt.