Politik
Die subtile Sklaverei und die Illusion der Freiheit im Zeitalter des modernen Säkularismus
Berlin 04.11.2025
Zusammenfassung HA Redaktion
In einer Welt, in der sich Sklaverei als Freiheit tarnt und Hegemonie als individuelle Befreiung vermarktet wird, präsentierte Laurin Mackwitz und
Abdul Latif Omar Al-Muhaimid ihrem Buch „Die subtile Sklaverei und die Illusion der Freiheit im Zeitalter des modernen Säkularismus“, das kürzlich im Verlag De Gryter Brill erschienen ist. Dieses Buch ist ein ernsthafter intellektueller Versuch, diesen verwirrenden Widerspruch, der den Geist der Spätmoderne prägt, zu dekonstruieren.
Der Autor geht von der Prämisse aus, dass die Säkularisierung nicht, wie von den Denkern der Aufklärung versprochen, zur Befreiung der Menschheit von Traditionen oder symbolischen Autoritäten geführt hat. Vielmehr hat sie die Sklaverei in einer neuen, subtileren und trügerischeren Form reproduziert. Es handelt sich um subtile Sklaverei, da sie nicht durch Gewalt oder Zwang, sondern durch Überredung und Verführung auferlegt wird. Ihre Wirksamkeit beruht darauf, dass sie Individuen dazu bringt, ihre Einschränkungen zu akzeptieren und sie als Teil ihrer Identität zu betrachten. Das Buch versteht sich somit als kritische Auseinandersetzung mit der „falschen Befreiung“, die vom modernen Säkularisierungssystem propagiert wird: Konsumfreiheit statt Bewusstseinsfreiheit, Begehrensfreiheit statt Sinnfreiheit.
Es entlarvt die heimtückischsten und tief verwurzelten Formen der Versklavung im heutigen Leben: eine neue Form der Knechtschaft, die sich als Freiheit tarnt, sich der Sprache der Moderne bedient und sich in den Details des Alltags verbirgt, bis der Mensch zum willigen Sklaven wird und sich dabei für seinen eigenen Herrn hält.
Mit diesem kritischen Bewusstsein beginnt der Autor sein intellektuelles Projekt, das die grundlegenden Annahmen der modernen westlichen Zivilisation in Bezug auf Freiheit, Würde, Fortschritt und Rationalität hinterfragt. Er zeigt auf, dass das, was im Diskurs als Freiheit erscheint, im Kern nichts anderes ist als die Reproduktion eines Systems subtiler Knechtschaft, gesteuert durch symbolische, intellektuelle und psychologische Werkzeuge, die nicht weniger wirksam sind als die eisernen Fesseln vergangener Zeiten.
Er weist darauf hin, dass die Menschheit in ihrer Beziehung zur Welt einen subtilen Wandel durchgemacht hat. Während die Sklaverei alter Prägung mit Gewalt durchgesetzt wurde, ist die moderne Sklaverei heute im Herzen, im Verstand und im Geschmack verankert. Freiheit selbst wurde neu definiert, sodass Individuen dem System, gegen das sie zu rebellieren glauben, gehorsamer werden. Freiheit ist heute, wie der Autor sie beschreibt, zu einer Konsumware geworden, die auf Märkten, in der Werbung und im digitalen Raum vermarktet und nicht an der Fähigkeit zu verstehen und zu wählen, sondern an der Kauf- und Besitzfähigkeit des Einzelnen gemessen wird.
Die Autoren ordnet diese Form der Versklavung in einen breiteren intellektuellen Kontext ein: die Säkularisierung, die er als zentrales Projekt der modernen westlichen Zivilisation betrachtet. Seiner Ansicht nach ist Säkularismus nicht bloß eine Trennung von Religion und Staat, sondern ein umfassender Prozess der Umgestaltung der Welt und der Menschheit nach materialistischen und utilitaristischen Maßstäben. Dieser Prozess entleert die Existenz ihres erhabenen Sinns und verwandelt die Menschheit in ein messbares und konsumierbares Wirtschaftswesen.
Im zweiten Kapitel des Buches verfolgt der Autor die Analyse des Denkers Ibn Kahldon zum Thema „partieller und umfassender Säkularismus“ und zeigt auf, wie die Säkularisierung alle Ebenen des menschlichen Bewusstseins durchdrungen hat: vom Denken über die Sprache und Bildung bis hin zum Körper, von der Religion bis zu den Künsten. Laut Ibn Khaldon ist umfassender Säkularismus nicht bloß eine politische Haltung, sondern eine vollständige kulturelle Struktur, die Werte und Normen umgestaltet und ein säkularisiertes Individuum hervorbringt, das sich nur noch als konsumierbarer Körper und auszubeutender Markt sieht.
Im dritten Kapitel vertieft das Buch diese These und untersucht die Formen subtiler Versklavung, die sich in die Details des modernen Lebens eingeschlichen haben. Es erforscht die Erscheinungsformen der Säkularisierung von Philosophie, Religion, Sprache, Bildung, Körper, Schönheit, Emotionen, Ernährung, Kleidung und vielem mehr – ein Prozess, der das Individuum zu einem Rädchen in einer riesigen Maschinerie macht, die unbewusst westliche Werte reproduziert.
In diesem Kontext bietet Dr. Abdel Latif eine detaillierte Analyse dessen, was er die „Säkularisierung des Körpers“ nennt. Der Körper ist demnach keine menschliche Entität mit spiritueller oder moralischer Bedeutung mehr, sondern ein Objekt der „Verdinglichung“ und des Konsums. Sein Wert wird durch die mediale Darstellung und die konstruierten Schönheitsideale bestimmt, denen er unterworfen ist. Hierin liegt das große Paradoxon: Während der zeitgenössische Diskurs die Befreiung des Körpers propagiert, versklavt die Kultur ihn subtil, indem sie ihn zur Ware macht und ihn in ein Mittel zum Marktgewinn und zur Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems verwandelt.
Das vierte Kapitel bietet eine tiefgreifende Diagnose dessen, was er die „Sklaven des Zeitalters“ nennt – jene, die in extremer Unterwerfung unter das Konsumsystem leben und sich dabei für frei halten. Er beschreibt sie als intelligente Sklaven, die jede Form der Unterdrückung unter dem Deckmantel von Fortschritt und Offenheit rechtfertigen und im übermäßigen Konsum den Beweis ihres sozialen Erfolgs sehen. Nach Ansicht des Autors sind diese Individuen ein natürliches Produkt eines Medien- und Wirtschaftssystems, das ein einheitliches Lebens- und Denkmodell geschaffen hat, sodass Freiheit auf die Wahl zwischen zwei Produkten, Ideen oder Lebensstilen innerhalb desselben Rahmens beschränkt ist. So wird der moderne Mensch im eigenen Land zum Kolonisator, manipuliert aus der Ferne. Der Unterdrücker braucht weder Armeen noch Flaggen, denn die Kontrollinstrumente sind subtil und symbolisch geworden: ein Bildschirm, Werbung, Begierde und eine smarte App.
In anderen Kapiteln thematisiert das Buch die Auswirkungen des Rückfalls der menschlichen Natur unter dem Druck der allgegenwärtigen Säkularisierung und untersucht das, was es als „Geschlechterchaos“ und „moralische Abweichungen“ bezeichnet, die heute als Rechte oder Ausdruck persönlicher Freiheit dargestellt werden. Al-Muhaimid argumentiert, dass diese Phänomene nicht das Produkt einer natürlichen gesellschaftlichen Evolution sind, sondern vielmehr das direkte Ergebnis eines systematischen Dekonstruktionsprozesses, der darauf abzielt, die Merkmale der menschlichen Natur auszulöschen und die Menschheit so umzudefinieren, dass die Unterscheidung zwischen Natur und Künstlichkeit sowie zwischen Identität und flüchtiger Wahl verwischt wird.
Er weist darauf hin, dass diese Manipulation der Konzepte von Geschlecht, Schönheit und Kleidung lediglich eine Fortsetzung des umfassenden Säkularisierungsprozesses darstellt, der die Menschheit von einem spirituellen Wesen in ein formbares Kulturprodukt verwandelt hat. Freiheit bedeutet somit nicht länger Befreiung von Zwängen, sondern vielmehr die Trennung vom Wesen und von der angeborenen Natur, die den Menschen ausmacht.
Kapitel Sieben befasst sich mit dem von der westlichen Zivilisation geführten Kampf um die Deutungshoheit, um das globale Bewusstsein neu zu formen. Freiheit, Terrorismus, Demokratie, Staatsbürgerschaft und Islamophobie sind keine unschuldigen Begriffe, sondern politische und ideologische Werkzeuge, die dazu eingesetzt werden, ein einheitliches Wahrheitsmodell durchzusetzen.