Politik

Presseschau zum israelischen Angriff auf iranische Militär- und Wissenschaftsstandorte

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Berlin 14.06.2025

– Der Angriff israelischer Militärflugzeuge auf iranische Militär- und Wissenschaftsstandorte in der Nacht am 13.Juni und die Fortsetzung des Angriffs am 14. Juni überraschten die internationale Politik, die mit Unterstützung einiger europäischer Länder und der Länder am Arabischen Golf die Verhandlungen zwischen Washington und Teheran beobachtet. 

Die meisten Regierungen weltweit, darunter auch die deutsche Regierung, betrachteten den Angriff als einen schmerzhaften Rückschlag für ihre Bemühungen, mit Teheran eine zufriedenstellende Lösung zur Beendigung des Atomstreits zu erzielen. Bundeskanzler Friedrich Merz traf sich umgehend mit seinen Beratern im Nationalen Sicherheitsrat und telefonierte mit Frankreich, Großbritannien und der Europäischen Kommission, um eine einheitliche Politik zur Bewältigung der Folgen des Angriffs der Regierung Benjamin Netanjahus auf den Iran zu beschließen. 

Dieser Angriff gilt als schmerzhafter Schlag für US-Präsident Donald Trump, der mit Teheran eine Einigung in der Atomfrage anstrebt, ähnlich der Einigung, die während seiner vorherigen Präsidentschaft mit Teheran erzielt wurde. Es ist auch ein schmerzlicher Schlag für die Bemühungen des deutschen Außenministers Johann Wadephul, der sich derzeit im Nahen Osten aufhält, um einen Waffenstillstand im Gazastreifen zu erreichen.

Die Mullah-Regierung in Teheran leidet unter der internationalen Isolation, weil sie die Unruhen im Jemen, in Syrien und im Libanon unterstützt und den Rassismus im Irak fördert. Der Militärangriff auf den Iran wurde in einigen Völkern des Nahen Ostens mit Jubel aufgenommen. Dieser Jubel rührt von Napoleon Bonapartes Ausspruch her: „Der Feind meines Feindes ist mein Freund.“ Es beleuchtet das Leid der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen, die Bemühungen Israels, das Heilige Land zu judaisieren, und die Entscheidung der Regierung Benjamin Netanjahus, neue Siedlungen zu bauen.

Mit dem Militärangriff will Netanjahu die Isolation seiner Regierung durch die internationale Gemeinschaft beenden.

Die WESTDEUTSCHE ZEITUNG aus Wuppertal erläutert: „Die Attacke wirkt, als stünde dahinter ein Dreiklang, in dem zunächst die Terrororganisation Hamas ohne Rücksicht auf Verluste lahmgelegt wird, gefolgt von der Hisbollah, die ihr Pulver weitgehend wirkungslos verschossen hat, und beendet mit dem Angriff nicht nur auf die iranischen Atomanlagen. Gleichzeitig nahm Israel offenbar auch Funktionäre und Physiker ins Visier, von denen vermutet wird, dass sie an einer iranischen Atombombe arbeiten. Beginnend nach dem Terroranschlag vom 7. Oktober 2023 hat Israel anscheinend die Flucht nach vorn angetreten. Im Nahen Osten tobt nun womöglich der finale Krieg. Er soll im Ergebnis die Frage beantworten, ob Israel auf Dauer sicher und bestenfalls im Frieden mit den Nachbarn weiter existieren kann“, schätzt die WESTDEUTSCHE ZEITUNG.

Die HANNOVERSCHE ALLGEMEINE bemerkt zum israelischen Premierminister: „Es ist eine riskante Strategie, die Netanjahu da verfolgt. Er eröffnet eine weitere Front, zusätzlich zum ruinösen Krieg in Gaza, zusätzlich zu den fortwährenden Attacken im Westjordanland, zusätzlich zu den zwar reduzierten, aber anhaltenden Auseinandersetzungen mit der Hisbollah im Libanon. Er setzt seine eigene Bevölkerung einer massiven Gefahr aus: Denn die israelische Luftabwehr ist zwar gut, aber ob sie massiven Gegenangriffen des Iran standhalten würde, ist offen. Der Iran ist eine andere Hausnummer als seine Handlanger von Hamas, Hisbollah und Huthis, deren Attacken Israel bisher ausgesetzt ist“, notiert die HANNOVERSCHE ALLGEMEINE.

Auch das HANDELSBLATT blickt auf Netanjahus Strategie: „Der zunehmend umstrittene israelische Premierminister profitiert innenpolitisch von der Eskalation. Einerseits lässt er sich von seinen radikalen Koalitionspartnern treiben, die offen von einer Annexion des Gazastreifens und des Westjordanlands sprechen. Andererseits kann Netanjahu durch die Eskalation des Konflikts von seinen sonstigen Verfehlungen ablenken: sowohl von seiner sicherheitspolitischen Verantwortung für den 7. Oktober als auch von den Korruptionsvorwürfen“, heißt es im HANDELSBLATT.

Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf betont, die israelischen Angriffe hätten offenbart, dass „der Iran militärisch schwächer ist als vermutet. Auch die Überlegenheit des israelischen Geheimdienstes ist nun noch einmal deutlich worden: Mossad-Sonderkommandos ist es sogar gelungen, tief im Feindesland Präzisionswaffen gegen die iranische Luftabwehr in Stellung zu bringen. Der Iran war zunächst nicht in der Lage, militärisch mit der befürchteten Massivität zurückzuschlagen. Denn auch viele iranische Militär-Kommandeure wurden bei den israelischen Angriffen getötet. Trotzdem bleibt die Lage äußerst gefährlich: Das Mullah-Regime ist öffentlich gedemütigt und wird das sicherlich nicht vergessen. Da es sich um religiöse Fanatiker handelt, weiß man nie, wie sie reagieren“, warnt die RHEINISCHE POST.

Die Zeitung DIE WELT verweist auf die innenpolitische Lage im Iran: „Atombomben stabilisieren das Regime – so dürften die Herrschenden in Teheran geglaubt haben. Sicher ist, dass die Herrschaft der Religionsgelehrten auch in den Augen ihrer Bürger niemals so schwach da stand wie jetzt nach den verheerenden Angriffen Israels. Darum ist es gut möglich, dass der Widerstand gegen das Herrschaftssystem im Iran wieder aufflammt. Demonstrationen der iranischen Bevölkerung waren in den letzten Jahren immer wieder niedergeschlagen worden, doch der Unmut ist gewaltig. Jede Erschütterung des Regimes kann die Machtfrage stellen, und die Angriffe stellen den heftigsten Schock seit Jahrzehnten dar. Das kann zu einem Umsturz führen, aber auch zu einem Bürgerkrieg. Denn trotz aller Kritik in weiten Teilen der Bevölkerung sind andererseits Millionen iranischer Bürgerinnen und Bürger in regimenahen, zum Teil bewaffneten Verbänden organisiert“, gibt DIE WELT zu bedenken.

Die Gefahr eines Flächenbrandes in der Region war lange nicht mehr so groß, wie heute, konstatiert das FLENSBURGER TAGEBLATT und fragt: „Was bedeutet das für Deutschland, das doch die sichere Existenz Israels als ‚Staatsräson‘ betrachtet? Müsste die Bundesrepublik dem jüdischen Staat im Falle eines iranischen Großangriffs, der in einen ausgewachsenen Krieg münden könnte, militärisch beistehen? Wie weit geht die historische Verantwortung?“

Die WIRTSCHAFTSWOCHE kritisiert die Außenpolitik des US-Präsidenten: „Spätestens mit der Eskalation im Nahen Osten sollte endgültig Schluss sein mit der Chimäre, Trump sei ein brillanter Verhandler und Deal-Maker. Das stimmte schon mit Blick auf seine Zeit als Immobilienunternehmer nicht – seine erfolgreichsten Geschäfte waren die, in denen andere die Führung übernahmen – und mit Blick auf die Weltpolitik ist sein Scheitern einmal mehr offensichtlich. Denn es ist ja nicht nur der Iran. Der Krieg in der Ukraine ist weit von einer Lösung entfernt. In Handelsfragen kommt seine Administration ebenfalls kaum weiter. Nordkorea scheint völlig vom Radar des Weißen Hauses verschwunden zu sein.“ So weit die WIRTSCHAFTSWOCHE.

The Week

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