Politik
Presseschau zu GAZA
Berlin 08.10.2025
Der israelische Journalist Ben-Dror Yemini schrieb in einem Artikel in der Zeitung B’Dioth Ahronoth, sein Land, der hebräische Staat, habe sich in den letzten Wochen trotz seiner militärischen Überlegenheit am Rande des politischen und strategischen Scheiterns befunden, da es der Hamas gelungen sei, ihn in den wirtschaftlichen und diplomatischen Zusammenbruch zu treiben.
Er fügte hinzu, die Politik des militärischen Drucks der Regierung Benjamin Netanjahus habe keine Zugeständnisse erzielt; im Gegenteil, sie habe zu einer Eskalation des internationalen Drucks geführt, der den hebräischen Staat beinahe in den völligen Zusammenbruch getrieben hätte, bevor die jüngste Vereinbarung zu einem schwierigen Zeitpunkt zustande kam. Netanjahus bloße Erklärung eines Waffenstillstands, selbst wenn er nur zu Verteidigungszwecken diente, ist an sich schon eine Rettung vor dem Zusammenbruch.
Niemand – die amerikanische Regierung, der hebräische Staat, die mit dem hebräischen Staat verbundenen arabischen Regierungen und selbst die Europäer – kann die Volkswiderstandsbewegung, insbesondere die Hamas, ausschalten, denn Widerstand ist ein Recht des palästinensischen Volkes. Die Menschheitsgeschichte hat bewiesen, dass Rechte nicht verloren gehen, wenn diejenigen da sind, die sie konsequent einfordern.
Der hebräische Staat hat den Krieg vielleicht aufgrund seines Besitzes tödlicher Waffen gewonnen, aber politisch und moralisch hat er die Schlacht verloren.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG zieht ein ernüchterndes Fazit: „Juden in Deutschland müssen seit dem 7. Oktober 2023 mit einem doppelten Trauma leben: Der gewaltsame Übergriff der Hamas auf Israel hat einerseits die Erinnerung an den Holocaust als kollektives Schlüsselerlebnis wachgerufen, andererseits zu einer spürbaren Bedrohung des jüdischen Lebens im Alltag geführt. Je öfter das ‚Nie wieder‘ beschworen wird, desto stärker steigen die antisemitischen Straftaten. Es scheint, als habe der 7. Oktober die Gespenster der alten Vorurteile und kollektiven Schuldzuweisungen wieder zu neuem Leben erweckt. Links- und rechtsextremistischer Antisemitismus verbinden sich mit islamistischem Judenhass und antiisraelischem Affekt, gespeist durch den Gazakrieg. Kritik an Israel ist legitim, aber von Hass und Vernichtungsphantasien zu unterscheiden“, unterstreicht die F.A.Z.
Die TAGESZEITUNG – TAZ kritisiert, das offizielle Gedenken ignoriere die von Israels Armee getöteten Palästinenser: „Das Leid der Menschen im Gazastreifen lässt sich nicht mit dem Leid auf israelischer Seite aufwiegen. Man kann die Toten nicht verrechnen. Warum aber sollte Gedenken ein Nullsummenspiel sein? Warum ist das offizielle Deutschland so empathielos und kalt, wenn es um Palästinenserinnen und Palästinenser geht? Warum tut es sich so schwer damit, anzuerkennen, dass auch sie Opfer sind? Statt zu fragen, wie es ihnen hierzulande geht, werden sie seit zwei Jahren mit Ermahnungen und Repressionen überzogen, und zu antipalästinensischem Rassismus gibt es weder Studien noch ein öffentliches Interesse daran. Zur Komplexität des Konflikts gehört zudem, dass die letzten Geiseln schon längst zu Hause wären, hätte sich Israels Premierminister Benjamin Netanjahu schon früher auf eine Verhandlungslösung eingelassen. Wer angesichts dieser Komplexität einseitig Partei nimmt, macht es sich zu einfach“, stellt die TAZ klar.
Der WESER-KURIER aus Bremen notiert: „Der 7. Oktober ruft in Erinnerung, welches konkrete Ereignis den mit aller Brutalität geführten Krieg Israels gegen die im Gazastreifen herrschende Terrororganisation Hamas ausgelöst hat. Es war der menschenverachtende Anschlag auf ein Musikfestival, auf dem Menschen friedlich miteinander gefeiert haben. Auch heute ist von Pro-Palästina-Aktivisten kaum ein Wort des Bedauerns über den Anschlag vor zwei Jahren zu hören. Mitgefühl muss unteilbar bleiben. Es gilt ebenso den jüdischen Opfern der Terrorattacke vom 7. Oktober 2023 wie den unschuldigen Opfern der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen. Bleibt nur zu hoffen, dass es bis zu einem Ende des Krieges und der Freilassung der noch lebenden israelischen Geiseln nicht zu einem dritten Jahrestag kommt. Die Chancen dafür stehen derzeit dank des US-amerikanischen Friedensplans so gut wie selten zuvor“, befindet der WESER-KURIER.
Ähnlich optimistisch blickt die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf auf die aktuellen Verhandlungen in Ägypten über eine Beendigung des Gaza-Kriegs: „Erstmals seit Jahrzehnten besteht wieder die Chance, dass ernsthafte Schritte zur Lösung des Nahostkonfliktes gegangen werden. Der Nahe Osten hat sich seit dem 7. Oktober 2023 grundlegend verändert. Gerade die Erzfeinde Israels sind deutlich geschwächt. Mächtige arabische Staaten haben sich dazu bekannt, dass die Hamas in der Region keine Zukunft mehr hat. Es sind neue Bündnisse von Akteuren aus arabischen, muslimischen und europäischen Ländern entstanden, die den 20-Punkte-Friedensplan von Donald Trump mitentworfen haben. Klar ist, ein jahrzehntelanger Konflikt löst sich nicht über Nacht. Damit die Vermittlungen erfolgreich sind, müssen alle Länder mitmachen, die Einfluss auf die Konfliktparteien haben, und sich nach einem Waffenstillstand am Wiederaufbau des palästinensischen Gazastreifens beteiligen wollen“, hält die RHEINISCHE POST fest.